And the Oscar goes to...

 

...naja, bis zu dem höchsten Preis der Filmindustrie ist es wohl ein weiter Weg. Und ein Amateurfilmprojekt wird wohl eher nie in die Situation kommen, einen Preis von so hoher Wichtigkeit verliehen zu bekommen.

Es gibt zudem auch viele Projekte, in denen jetzt gerade viel sehr geübte Amateure auf hohem Niveau zusammen arbeiten und viele von denen haben den Status des Amateurs im Grunde schon lange hinter sich gelassen und gehen sozusagen semiprofessionell an die Dinge heran.

Viele davon findet man in einschlägigen und engagierten Internetprojekten wie Amateurfilm-Forum, Slashcam-Forum oder Regie.de.

 

Die Qualität der allermeisten Projekte und Beiträge dort spricht eine eigene Sprache. Andererseits aber ist es auch verständlich, dass gerade aufgrund dieser Sachkenntnis dort viele Voll-Laien eher Hemmungen haben, sich ernsthaft in die Diskussionen einzubringen.

Denn Amateur ist eben doch nicht gleich Amateur.

 

Aber man könnte sich in diesem Zusammenhang sicher auch mal wieder ins Gedächtnis rufen, dass sogar ein Steven Spielberg, ein Roland Emmerich, ein Detlev Buck oder ein Stanley Kubrick irgendwann mal klein angefangen haben und in ihren Anfangstagen der Filmerei sicher nie geglaubt haben, jemals so erfolgreich zu werden. Und auch längst nicht jeder hat das unkaputtbare Ego eines Dr. Uwe Boll.

 

Einer der Unterschiede zu einem Amateur ist es selbstverständlich, dass die beruflich tätigen Regisseure die ganze Sache in aller Norm von der Pike aus gelernt haben. Während eines Filmstudiums lernt man nun mal all die essentiellen Dinge, die für die professionelle Arbeit vor und hinter der Kamera unentbehrlich sind. Daran erkennt man aber auch die Qualitäten derjenigen, die sich in Amateurfilm- und Slashcam-Forum (etc.) einbringen, die durchaus die Spielbergs der Zukunft werden könnten, eben WEIL sie aktuell gerade in der Thematik studieren.

 

Ein Amateurfilmer dagegen, der seine Brötchen unter der Woche in einem ganz anderen Bereich verdient und lediglich in seiner Freizeit zur Kamera greift, ist da natürlich von vorne rein etwas gehandicapt. Denn um all die filmtechnischen Kniffe als Laie und ohne Ausbildung beherrschen zu können, muss man sich schon (freiwillig) knietief in die Materie vertiefen (wollen).

Autodidakten, die sich diese Dinge aber ohne lehrende Führung erarbeiten, werden in den allermeisten Fällen stets mit dem Defizit klar kommen müssen, elementares Wissen einfach nicht zu beherrschen.

 

Hier sollte man dann auch den Bogen ansetzen, sich auf seine tatsächlichen Fähigkeiten besinnen und sich auf einfache und beherrschbare Stoffe beschränken. Es macht wenig Sinn, als Amateur einen Katastrophenfilm realisieren zu wollen oder ein biblisches Monumentaldrama, wenn man nur über begrenzte Möglichkeiten oder wenig Wissen verfügt. Wer ein dialoglastiges Drama herstellen möchte, sollte als Drehbuchautor auch entsprechend anspruchsvolle Dialoge formulieren können. Wer einen actionreichen Krimi drehen will, sollte auch über die Möglichkeiten verfügen, actionlastige Szenen einigermaßen glaubwürdig rüber zu bringen.

Nicht zuletzt verdammen einen noch dazu geringe finanzielle Möglichkeiten zu einfachen Mitteln bei der Umsetzung eines Filmes.

 

Aber oft gibt es ein paar trickreiche Wege, um manches zu umgehen, was einen beim Dreh überfordert.

 

Beispiel 1.:

 

Wer etwa einen brutalen Mord in Szene setzen will und keine Möglichkeiten besitzt, einen solchen filmisch anspruchsvoll umzusetzen, der könnte sich beispielsweise beim Altmeister Sir Alfred Hitchcock entsprechende Ratschläge holen.

 

Hitch war ein Regisseur, der für seine Zeit verblüffende Brutalität ins Kino brachte. In den fünfziger und sechzigern Jahren jedoch war so etwas für Publikum, Kritiker und Sittenwächter noch etwas zu früh. Man duldete solche Gewaltakte damals noch nicht im Film. Also fanden bei Hitch viele grausige Sequenzen außerhalb des Blickfeldes statt. Man sah dann statt der brutalen Mordszene nur ein Schattenspiel an der Wand oder nur die Augen des Mörders oder des Opfers oder etwas ähnlich abstraktes (Ausnahme: "Frenzy" – Da ging´s dann dafür optisch umso derber zur Sache. Das war aber auch Hitchs "Rache" an den Kritikern seiner Zeit.). Das wahre Ausmaß der Brutalität spielte sich bei Hitch ansonsten nicht zuletzt aufgrund der Geräusche meistens mehr im Kopf des Zuschauers als auf der Leinwand ab. Was das Ganze dann teilweise aber umso raffinierter machte. Hitchcock machte den Zuschauer zum „Komplizen“ wider Willen.

 

Beispiel 2.:

 

Als Robert Rodriguez seinen Überraschungserfolg „El Mariachi“ drehte, hatte er nicht genug Geld, um in ausreichender Anzahl Filmwaffen zu erwerben. Der Filmheld, der Gitarrenspieler El Mariachi, der aufgrund einer Verwechslung von einer Horde Killer verfolgt wird, sieht sich öfter als einmal Bewaffneten gegenüber. Was man als Zuschauer nicht ein einziges Mal wahr nimmt: Nur einer der Bewaffneten ist auch wirklich im Besitz einer Schusswaffe. Alle Killer, die im Hintergrund agieren, halten nur Holzstöcke oder Eisenstangen in der Hand, die noch nicht mal annähernd einer Waffe ähneln. Allerdings beherrschte Señior Rodriguez seine kameratechnische Arbeit so gut, dass dies im fertigen Film niemand bemerkte. Bemerkenswert dabei: „El Mariachi“ war dessen erster Langfilm. Irgendwas muss der "Brother" von Quentin Tarantino also ziemlich richtig gemacht haben.

 

Beispiel 3.:

 

Der österreichische Filmemacher Stefan Müller, der für viele noch als Amateurfilmer wahr genommen wird (wenngleich dies eigentlich schon lange nicht mehr den Tatsachen entspricht), beendete 2010 die Dreharbeiten zum Film „Tartarus“. In diesem außergewöhnlichen Streifen geht es um einen österreichischen Soldaten, der nach dem Sieg der Alliierten über Napoleons Armee bei Leipzig 1813 gemeinsam mit einem preußischen Waffenbruder und Kameraden in sein heimatliches Alpendorf zurückkehrt und dort feststellen muss, dass dieses Dorf wieder und wieder von dämonischen Wesen heim gesucht wird. Nun gilt es, die Flinte noch nicht ganz aus der Hand zu legen und sich stattdessen diesem unheimlichen Gegner entgegen zu stellen. Während der Dreharbeiten zu diesem Film stellte sich heraus, dass nur noch eine einzige Filmleuchte zu nutzen war. Ein paar der Nachtszenen im Wald konnten darum nur unzureichend ausgeleuchtet werden. Eigentlich ein Desaster für einen Filmdreh. Müller wagte es dennoch. Er arrangierte die Ausleuchtung mit nur einer einzigen Lampe – und erschuf dabei ein paar Sequenzen von so unheimlicher Atmosphäre, dass der Film letztlich um einiges teurer und anspruchsvoller wirkte als man sich vorher hätte träumen lassen.

 

Man sieht an diesen Fällen: Es gibt immer Wege, um Defizite zu kompensieren. Man muss allerdings ahnen, wie es geht! Und dies ist eine Kunst, die man entweder professionell während eines Filmstudiums erlernen muss – oder man liest sich derartiges Wissen zumindest annähernd an und schafft es dann während des eigenen Dreh´s (unterstützt durch Lerning-by-doing), dieses Wissen auch zielgerichtet abzurufen.

Denn auch ein filmender Totalamateur sollte zumindest ungefähr wissen, was er tut.

 

Filme, die aus einer Kneipenidee geboren werden, mögen vertretbar sein und führen manchmal zumindest zu „großartigem und liebenswertem Schund“. Simon und Thilo Gosejohanns Film „Captain Cosmotic“ ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür. Filme, die jedoch zwischen zwei Kneipenbesuchen und unter dem massiven Einfluss von Alkohol (und im schlimmsten Fall dann noch mit dem Handy als Kamera) ohne Drehbuch und Konzept abgedreht werden, sind meist ein Grund, um als Zuschauer jeden Spaß am Filmeschauen zu verlieren.

 

Natürlich ist niemand als Profi geboren. Wer etwas erreichen will (in welchem Gebiet auch immer), der kann sich aber ein gewisses Grundwissen aneignen, wenn er es richtig machen will. Wer dazu bereit ist, der kann auch aus der Theorie heraus dann schon ganz anders an die praktische Arbeit heran gehen als jemand, der lieber andere für sich denken lässt und hofft, dass seine eigene Mitwirkung dann schon „irgendwie klappt“.

Respekt vor den Erfahrungen anderer ist da durchaus angebracht. Und es ist nicht selten, dass etwa ein Vierzehnjähriger, der sich schon etwas mit dem Medium Film befasst hat, mit einem Wissen auffährt, dass einem fünfzigjährigen Voll-Laien um Längen voraus ist. Da ergeben sich während eines Dreh´s gerne mal unorthodox erscheinende Kommandostrukturen. Wer mit so etwas nicht klar kommt, der sollte dann vielleicht doch besser zu Hause bleiben und Filme anschauen – anstatt selbst welche machen zu wollen.

 

Für alle anderen gilt: Auf geht´s - Sammelt Euch und fangt an, miteinander zu sprechen,

...zu lernen,

...zu planen,

...zu arbeiten!

 

 

Ich warte gespannt auf Eure Nachricht...